BGH, Urteil vom 17-12-1987 - IX ZR 41/86 - zur Haftungsverteilung Verkehrsanwalt - Prozessbevollmächtigter

  1. Die Pflicht zu ordnungsmäßigem prozessualem Handeln gegenüber dem Prozeßgericht obliegt dem zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalt, nicht dem Verkehrsanwalt. Verletzt der Prozessbevollmächtigte diese Pflicht, haftet der Verkehrsanwalt nicht nach § 278 BGB. Er ist auch grundsätzlich nicht verpflichtet, die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten zu überwachen.
  2. Entwirft der Verkehrsanwalt einen Schriftsatz an das Prozeßgericht, so wird dadurch weder die Verantwortung des Prozessbevollmächtigten für den Inhalt
    des Schriftsatzes beschränkt noch der Verantwortungsbereich des Verkehrsanwalts in bezug auf das prozessuale Handeln gegenüber dem Prozeßgericht erweitert.


Zum Sachverhalt:

Der Kl. verlangt von den Bekl. Schadensersatz wegen Schlechterfüllung anwaltlicher Vertragspflichten. Er beauftragte den Bekl. zu 2, der als Rechtsanwalt bei dem LG zugelassen war, Schadensersatzansprüche gegen X als Hundehalter wegen eines Hundebisses am 30. 7. 1973 geltend zu machen. Der Bekl. zu 2 beantragte im Juli 1975 bei dem zuständigen LG das Armenrecht für eine Schadensersatzklage gegen den X und die Beiordnung des bei dem Prozeßgericht zugelassenen Bekl. zu 1 als Armenanwalt. Er kündigte einen Klageantrag auf Zahlung von 133625 DM nebst Prozeßzinsen an. Durch Beschluß vom 28. 4. 1976 verweigerte das LG das Armenrecht mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage. Der Bekl. zu 2 veranlaßte den Rechtsanwalt J als amtlich bestellten Vertreter des Bekl. zu 1, am 29. 7. 1976 eine Teilbetragsklage über 200000 DM nebst Zinsen gegen X bei dem LG einzureichen. Darin wurde angekündigt, die vorzuschießende Gerichtsgebühr von 1412 DM werde alsbald überwiesen. Durch Verfügung vom 5. 8. 1976 wies der Vorsitzende der zuständigen Zivilkammer den Bekl. zu 1 darauf hin, daß die Klageschrift nicht aus sich heraus verständlich sei und in unzulässiger Weise auf den Vortrag im - unter anderem Aktenzeichen geführten - Armenrechtsprüfungsverfahren Bezug nehme; er bat um Einreichung einer vollständigen Klageschrift. Darauf reagierte der Bekl. zu 1 trotz der Erinnerungen nicht. Bereits am 8. 7. 1976 hatte der Bekl. zu 2 vom Kl. den Gerichtskostenvorschuß von 1415 DM für die Klage gefordert und erhalten. Er leitete diesen Betrag jedoch nicht weiter. Die Klage wurde nicht zugestellt, die Verfahrensakte im Jahre 1978, weggelegt. Inzwischen hatte der Bekl. zu 2 am 30. 7. 1976 Beschwerde im Armenrechtsprüfungsverfahren eingelegt und die Aufhebung der das Armenrecht verweigernden Entscheidung des LG erreicht. Dieses bewilligte dem Kl. am 21. 10. 1976 das Armenrecht für eine Klage, mit der er höchstens 3/4 des im Armenrechtsprüfungsverfahren angekündigten Klagebegehrens geltend machen konnte, und ordnete den Bekl. zu 1 als Prozessbevollmächtigten für die erste Instanz bei. Der Bekl. zu 2 blieb weiterhin als Verkehrsanwalt für den Kl. tätig. Sein im März 1979 gestellter Antrag, ihn dem Kl. im Rahmen des Armenrechts als Verkehrsanwalt beizuordnen, hatte jedoch keinen Erfolg. Der Bekl. zu 1 reichte am 8. 6. 1977 beim LG einen als Klage bezeichneten Schriftsatz ein, mit dem er einen Antrag auf Zahlung von 132993,75 DM nebst Prozeßzinsen sowie einer Monatsrente von 2475 DM für die Zeit vom 1. 7. 1977 bis 31. 10. 1987 und von 800 DM für die Zeit ab 1. 11. 1987, jeweils nebst Fälligkeitszinsen, ankündigte. Am 13. 6. 1977 ging bei dem LG ein weiterer Schriftsatz des Bekl. zu 1 ein, der einen Antrag auf Zahlung von 217030 DM nebst Prozeßzinsen sowie einer Monatsrente von 2490 DM für die Zeit vom 1. 7. 1977 bis 31. 10. 1987 und von 1350 DM ab 1. 11. 1987, jeweils nebst Fälligkeitszinsen, enthielt. Das Prozeßgericht wies den Bekl. zu 1 auf die unterschiedlichen Antragsfassungen hin und bat um Erläuterung, wie sich die Klageforderung unter Berücksichtigung der nur eingeschränkten Bewilligung des Armenrechts jetzt zusammensetze. Am 20. 10. 1977 schrieb der Vorsitzende der Zivilkammer unter Hinweis auf diese Verfügung dem Bekl. zu 1, daß noch keine Klageschrift vorliege, die der eingeschränkten Armenrechtsbewilligung entspreche; eine Zustellung der Klage und eine Terminsbestimmung sei erst möglich, wenn klargestellt sei, welcher Anspruch nunmehr mit der Klage geltend gemacht werden solle, und wenn der Antrag sich im Rahmen der Armenrechtsbewilligung halte. Auch darauf reagierte der Bekl. zu 1 trotz mehrerer gerichtlicher Erinnerungen nicht. Erst am 9. 3. 1979 reichte er nach Akteneinsicht einen neuen Schriftsatz ein, mit dem er nunmehr die Zahlung von 100218,75 DM nebst Prozeßzinsen und einer Monatsrente von 2135 DM für die Zeit vom 1. 12. 1975 bis 31. 10. 1987 sowie von 600 DM für die Zeit ab 1. 11. 1987, jeweils zuzüglich Fälligkeitszinsen, beantragte. Dieser Schriftsatz wurde zusammen mit den am 8. und 13. 6. 1977 eingereichten Schriftsätzen dem Prozessbevollmächtigten des X am 15. 3. 1979 zugestellt. Auf dessen Einrede wies das LG die Klage wegen Verjährung ab, das OLG die Berufung des Kl. durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 20. 11. 1979 zurück. Der Kl. wirft den Bekl. vor, sie hätten seine Schadensersatzansprüche gegen X schuldhaft verjähren lassen. Als Ersatz für die nicht mehr durchsetzbaren Ansprüche fordert er mit der vorliegenden Klage von den Bekl. als Gesamtschuldnern ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld von mindestens 10000 DM, weitere 25218,75 DM nebst Prozeßzinsen (3/4 des auf 33625 DM bezifferten Verdienstausfalls für die Zeit vom 1. 8. 1973 bis 30. 11. 1975) sowie eine Monatsrente von 1938 DM für die Zeit vom 1. 12. 1975 bis 31. 10. 1987 (3/4 des behaupteten Verdienstausfalls von monatlich 784,10 DM, der Kosten einer Hilfskraft von monatlich 1200 DM sowie einer Schmerzensgeldrente von monatlich 600 DM) und von 600 DM ab 1. 11. 1987 (Teilbetrag aus 3/4 eines auf 800 DM monatlich bezifferten Rentenausfalls, der Kosten einer Hilfskraft von 1200 DM und der Schmerzensgeldrente von 600 DM) nebst Fälligkeitszinsen.
Das LG wies die Klage ab. Das BerGer. erklärte den Schadensersatzanspruch des Kl. gegen die Bekl. dem Grunde nach für gerechtfertigt und verwies den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Höhe an das LG. Die Revisionen der Bekl. hatten keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

1. Das BerGer. erkennt dem Kl. dem Grunde nach gegen die Bekl. einen Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu, weil die Bekl. Schadensersatzansprüche des Kl. gegen den Hundehalter schuldhaft hätten verjähren lassen.
Es führt aus, die Schadensersatzansprüche gegen den Hundehalter seien dem Grunde nach zumindest zur Hälfte gerechtfertigt gewesen. Das Mitverschulden des Kl. an dem Unfall übersteige nicht 50 %. Daraus folge, daß der Schmerzensgeldanspruch und zumindest ein Teil des Anspruchs auf Ersatz materieller Schäden begründet gewesen seien; der gesetzliche Übergang von Teilansprüchen auf Träger der Sozialversicherung habe jedenfalls nicht zu einem vollständigen Wegfall des Anspruchs des Kl. geführt. Das BerGer. hat sich deshalb zu einer Vorabentscheidung über den Grund des nach Grund und Höhe streitigen Schadensersatzanspruchs des Kl. gegen die Bekl. für berechtigt gehalten und die abschließende Klärung der Frage, inwieweit dem Kl. ein Mitverschulden an dem Unfall anzulasten sei und in welchem Umfang seine Ansprüche gegen den Hundehalter auf Sozialversicherungsträger übergegangen seien, dem Betragsverfahren vorbehalten.
Die Verfahrensrüge des Bekl. zu 1, der Erlaß des Grundurteils sei unzulässig gewesen, greift nicht durch. Ist - wie hier - ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden, wenn die Entscheidung über den Grund spruchreif ist (§ 304 I ZPO). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn man den für die Beurteilung dieser Verfahrensfrage maßgeblichen sachlichrechtlichen Standpunkt des BerGer. zugrundelegt. Dieses nimmt nämlich an, die Bekl. hätten den mit dem Kl. geschlossenen Anwaltsvertrag schlecht erfüllt, weil sie die Schadensersatzansprüche gegen den Hundehalter nicht rechtzeitig geltend gemacht hätten, so daß Verjährung eingetreten sei. Trifft diese Auffassung zu, so ist damit die zum Grund des Anspruchs aus positiver Vertragsverletzung gehörende schuldhafte Pflichtverletzung der Bekl. festgestellt. Zum Erlaß eines Grundurteils war dann weiter nur noch die Feststellung erforderlich, daß dem Kl. durch die Pflichtverletzung der Bekl. mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstanden sei; die Feststellung der Höhe dieses Schadens durfte das BerGer. dem Betragsverfahren vorbehalten. Auch diese Voraussetzung für den Erlaß eines Grundurteils war nach dem maßgeblichen sachlichrechtlichen Standpunkt des BerGer. gegeben. Danach standen nämlich dem Kl. gegen den Hundehalter Schadensersatzansprüche zu, die dem Grunde nach mindestens zur Hälfte gerechtfertigt waren, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen waren. Das BerGer. stellt ausdrücklich fest, daß auch unter Berücksichtigung des unterstellten Mitverschuldens des Kl. sowie des Forderungsübergangs auf Sozialversicherungsträger dem Kl. zumindest ein Teil der geltend gemachten Schadensersatzforderungen verblieben sei, der erst infolge des Anwaltsverschuldens der Bekl. nicht mehr habe durchgesetzt werden können.
Die Revision meint, das BerGer. habe kein Grundurteil erlassen dürfen, ohne über das Ausmaß des Mitverschuldens des Kl. zu entscheiden. Diese Entscheidung, die an sich zum Grund des Anspruchs gehöre, dürfe dem Nachverfahren nur dann vorbehalten werden, wenn das Mitverschulden zweifelsfrei nicht zu einem völligen Wegfall der Schadenshaftung führe. Diese Voraussetzung sei jedenfalls für den Anspruch des Kl. auf Verdienstausfall nicht erfüllt. Da das während der Dauer seiner unfallbedingten Erwerbsfähigkeit bezogene Krankengeld und die Sozialversicherungsrenten die Hälfte seines Verdienstausfalls überstiegen, habe dem Kl. bei dem unterstellten hälftigen Mitverschulden unter Berücksichtigung des Quotenvorrechts der Sozialversicherungsträger ein Ersatzanspruch wegen des Verdienstausfalls nicht zugestanden.
Dadurch wird jedoch die Zulässigkeit eines Grundurteils im vorliegenden Rechtsstreit nicht in Frage gestellt. Es muß unterschieden werden zwischen dem Grund des Schadensersatzanspruchs gegen die Bekl. und dem Grund des Schadensersatzanspruchs gegen den Hundehalter. Zum Grund des Schadensersatzanspruchs gegen die Bekl. würde nur ein Mitverschulden gehören, das den Kl. an der Verjährung seiner Ansprüche gegen den Hundehalter trifft. Ein solches Mitverschulden ist weder vom BerGer. festgestellt worden noch wird es von den Revision geltend gemacht. Das vom BerGer. erörterte Mitverschulden des Kl. an dem Unfall ist im vorliegenden Rechtsstreit nur für die Frage von Bedeutung, in welchem Umfang die Bekl. an sich begründete Schadensersatzansprüche des Kl. gegen den Hundehalter haben verjähren lassen, also für den Umfang eines von den Bekl. verursachten Schadens. Während die Ansprüche wegen Verdienstausfalls, auf Ersatz der Kosten einer Hilfskraft und auf Schmerzensgeld im Rechtsstreit gegen den Hundehalter rechtlich selbständige Schadensersatzansprüche darstellten, über die im Vorprozeß eine Grundentscheidung nur hätte ergehen dürfen, wenn für jeden einzelnen dieser Ansprüche nach Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Kl. sowie des Quotenvorrechts der Sozialversicherungsträger wenigstens ein Teilbetrag zugunsten des Kl. verblieben wäre, bilden diese Ansprüche im vorliegenden Rechtsstreit nur unselbständige Schadensposten bei der Berechnung des einheitlichen Schadensersatzanspruchs gegen die Bekl. aus positiver Vertragsverletzung. Zum Erlaß eines Grundurteils gegen die Bekl. genügt es deshalb, daß ohne die Verjährung irgendeiner der vom Kl. gegen den Hundehalter geltend gemachten Ansprüche ganz oder teilweise durchsetzbar gewesen wäre. Da zumindest hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruchs ein Forderungsübergang auf Sozialversicherungsträger nicht in Betracht kommt, wäre aber - wie die Revision nicht verkennt - auch bei einem Mitverschulden des Kl. an dem Unfall ohne die Verjährung zumindest dieser Anspruch teilweise gegen den Hundehalter durchsetzbar gewesen. Daraus folgt, daß der Schadensersatzanspruch des Kl. gegen die Bekl. in irgendeiner Höhe begründet ist, wenn die sachlichrechtliche Beurteilung des Sachverhalts durch das BerGer. zutrifft.
2. Für diese Beurteilung geht das BerGer. ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet davon aus, daß der Kl. beide Bekl. als Rechtsanwälte damit beauftragt hatte, seine Schadensersatzansprüche gegen den Hundehalter durchzusetzen. Das dem Bekl. zu 2 erteilte Mandat umfaßte die außergerichtliche Geltendmachung der Schadensersatzansprüche, die Vertretung im Armenrechtsprüfungsverfahren vor dem LG und nach der Bewilligung des Armenrechts die Vermittlung des Verkehrs mit dem als Prozessbevollmächtigten beigeordneten Bekl. zu 1. Dieses Mandat endete nicht etwa - wie die Revision meint - von selbst dadurch, daß dem Kl. das Armenrecht bewilligt und der Bekl. zu 1 als Armenanwalt beigeordnet wurde, ohne daß gleichzeitig der Bekl. zu 2 im Rahmen des Armenrechts als Verkehrsanwalt beigeordnet worden wäre. Das BerGer. stellt fest, daß der Bekl. zu 2 jedenfalls noch bis Juni 1979 als Verkehrsanwalt für den Kl. tätig gewesen ist. Diese Feststellung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Bekl. zu 2 behauptet selbst nicht, daß der Kl. das Mandat auf die außergerichtliche Geltendmachung der Schadensersatzansprüche und auf die Vertretung im Armenrechtsprüfungsverfahren beschränkt habe. Es fehlt daher die Grundlage für die Annahme, das Mandat sei mit der Armenrechtsbewilligung automatisch erloschen. Der Bekl. zu 2 hat sich nach der Armenrechtsbewilligung in seinem Schreiben vom 6. 6. 1977 an den Bekl. zu 1 ausdrücklich bereit erklärt, weiterhin als Verkehrsanwalt tätig zu sein. Er hat auch nach der Feststellung des BerGer. den Schriftsatz entworfen, den der Bekl. zu 1 am 13. 6. 1977 für den Kl. beim LG einreichte. Ferner hat er noch im Jahre 1979 unter Berufung auf die im Armenrechtsprüfungsverfahren überreichte Vollmacht des Kl. seine Beiordnung als Verkehrsanwalt im Armenrecht betrieben. Aus diesen Tatsachen durfte das BerGer. den Schluß ziehen, daß das Mandatsverhältnis zum Kl. jedenfalls noch bis Juni 1979 bestand.
Der dem Bekl. zu 2 erteilte Auftrag umfaßte allerdings nicht die Vertretung des Kl. im Klageverfahren gegen den Hundehalter; denn dazu war der Bekl. zu 2 nicht in der Lage, weil er beim Prozeßgericht nicht als Anwalt zugelassen war. Diesen Auftrag erteilte der Kl. vielmehr nach der unbeanstandeten Feststellung des BerGer. dem Bekl. zu 1, der ihm im Rahmen des Armenrechts als Prozessbevollmächtigter für die erste Instanz beigeordnet wurde. Dieses Mandat bestand jedenfalls bis zum Abschluß der ersten Instanz im Vorprozeß.
Im Rahmen der ihnen erteilten Aufträge waren die Bekl. verpflichtet, den Kl. bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche gegen den Hundehalter rechtlich zu beraten und zu vertreten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist ein Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrages verpflichtet, die Interessen seines Auftraggebers in den Grenzen des erteilten Mandats nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen. Er muß sein Verhalten so einrichten, daß er Schädigungen seines Auftraggebers, mag deren Möglichkeit auch nur von einem Rechtskundigen vorausgesehen werden können, vermeidet. Er hat, wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, diejenige zu treffen, welche die sicherste und gefahrloseste ist, und, wenn mehrere Wege möglich sind, um den erstrebten Erfolg zu erreichen, den zu wählen, auf dem dieser am sichersten erreichbar ist. Gibt die rechtliche Beurteilung zu ernstlich begründeten Zweifeln Anlaß, so muß er auch in Betracht ziehen, daß sich die zur Entscheidung berufene Stelle der seinem Auftraggeber ungünstigeren Beurteilung der Rechtslage anschließt. Im Prozeß ist er verpflichtet, den Versuch zu unternehmen, das Gericht davon zu überzeugen, daß und warum seine Auffassung richtig ist (vgl. BGH, NJW 1988, 486 m. w. Nachw.). Welche konkreten Pflichten aus diesen allgemeinen Grundsätzen abzuleiten sind, richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des Falles. Für die Bekl., die mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Hundehalter beauftragt waren, ergab sich aus dem Mandat die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß etwa bestehende Ansprüche des Kl. gegen den Hundehalter nicht verjährten.
3. Das BerGer. ist der Ansicht, daß die Verjährung der Ersatzansprüche des Kl. gegen den Hundehalter am 1. 12. 1974 begonnen habe und mit Ablauf des 1. 12. 1977 vollendet gewesen sei. Davon gehen auch beide Revisionen aus. Dagegen bestehen in einem Punkt rechtliche Bedenken, die indessen auf das Ergebnis keinen Einfluß haben.
a) Ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet nimmt das BerGer. an, daß Schadensersatzansprüche des Kl. gegen den Hundehalter nur aus § 833 BGB hergeleitet werden konnten. Nach § 852 I BGB verjährt ein solcher Schadensersatzansprüch in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Den Schaden, der unmittelbar durch den Hundebiß verursacht wurde, den Namen des Hundehalters sowie die Umstände, die nach Auffassung des Kl. die Haftung des Hundehalters begründeten, kannte der Kl. bereits am 30. 7. 1973. Soweit ihm also ein Ersatzanspruch wegen des durch den Hundebiß als solchen verursachten materiellen und immateriellen Schadens zustand, verjährte dieser bereits am 30. 7. 1976, sofern die Verjährung nicht zuvor unterbrochen oder gehemmt wurde. Diese Verjährungsfrist gilt für den vom Kl. geltend gemachten Verdienstausfall, der auf der Arbeitsunfähigkeit gerade wegen des Hundebisses beruht, sowie für das Schmerzensgeld wegen der gerade durch die Bißwunde verursachten Schmerzen.
Die Verjährung dieses Teilanspruchs ist nicht dadurch gehemmt worden, daß der Kl., vertreten durch den Bekl. zu 2, vor Einreichung des Armenrechtsgesuchs mit dem Haftpflichtversicherer des Hundehalters über eine Schadensregulierung verhandelt hat. § 852 II BGB n. F., wonach solche Verhandlungen die Verjährung hemmen, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert, ist erst am 1. 1. 1978 in Kraft getreten; Verhandlungen über die Schadensersatzpflicht, die - wie hier - vor diesem Zeitpunkt stattfanden, haben die Verjährung nach § 852 I BGB nicht gehemmt (vgl. BGH, NJW 1983, 2075 (2076 ff.)).
Dahingestellt bleiben kann, ob und gegebenenfalls für welche Zeit die Verjährung dieses Teilanspruchs wegen des Unvermögens des Kl., die Prozeßkosten zu tragen, nach § 203 II BGB gehemmt war (vgl. dazu BGHZ 70, 235 (239) = NJW 1978, 938). Insbesondere braucht in diesem Zusammenhang nicht entschieden zu werden, ob die Hemmung ganz oder teilweise entfallen ist, weil der Bekl. zu 2 die Armenrechtsbeschwerde nicht unverzüglich eingelegt hat oder weil er den amtlich bestellten Vertreter des Bekl. zu 1 veranlassen konnte, noch vor dem 30. 7. 1976 Klage über einen Teilbetrag von 200000 DM einzureichen, nachdem der Kl. den dazu erforderlichen Gerichtskostenvorschuß aufgebracht hatte. Denn gleichgültig, ob man die Hemmung verneint oder im größtmöglichen Umfang bejaht, ist Verjährung eingetreten.
Verneint man die Hemmung, so verjährten die wegen der Bißverletzung des Kl. begründeten Schadensersatzansprüche am 30. 7. 1976, weil die Verjährung nicht rechtzeitig unterbrochen wurde. Die am 29. 7. 1976 eingereichte Teilklage über 200000 DM wurde dem Hundehalter nicht zugestellt und damit nicht i. S. von § 209 I BGB erhoben. Die am 15. 3. 1979 zugestellten Klageschriften wurden sämtlich erst nach dem 30. 7. 1976 bei Gericht eingereicht, konnten also die bereits eingetretene Verjährung nicht mehr hindern. Bejaht man die Verjährungshemmung, hätte diese längstens vom Beginn der Sechsmonatsfrist des § 203 BGB bis zum Ablauf eines für die Vorbereitung der Klage angemessenen Zeitraums von mindestens zwei Wochen nach Abschluß des Armenrechtsprüfungsverfahrens gedauert (BGHZ 70, 235 (239 f.) = NJW 1978, 938). Da die abschließende Entscheidung über das Armenrecht am 21. 10. 1976 ergangen und unstreitig dem Bekl. zu 1 am 3. 11. 1976 zugegangen ist, hätte die Hemmung bei großzügiger Bemessung der Frist für die Klagevorbereitung spätestens am 30. 11. 1976 geendet. Die Hemmung hätte mithin höchstens 10 Monate gedauert. Nach § 205 BGB wäre die Verjährung also statt am 30. 7. 1976 spätestens am 31. 5. 1977 - der 30. 5. 1977 war ein Feiertag (§ 193 BGB) - eingetreten, weil sie - wie schon dargelegt wurde - nicht zuvor unterbrochen wurde.
b) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist dagegen die Annahme des BerGer., daß die Schadensersatzforderung des Kl. gegen den Hundehalter im übrigen erst am 1. 12. 1977 verjährt ist. Mit der Kenntnis von dem Hundebiß und den Umständen, die für die Verantwortlichkeit des Tierhalters sprachen, hatte der Kl. nicht zugleich Kenntnis davon, daß die seit August 1973 bei ihm aufgetretene Nierenerkrankung eine mittelbare Folge der Bißverletzung sei. Die Kenntnis des Schadens i. S. des § 852 I BGB ist zwar nicht gleichbedeutend mit der Kenntnis des Schadensumfangs. Grundsätzlich stellt der gesamte einer unerlaubten Handlung entspringende Schaden eine Einheit dar. Deshalb braucht der Verletzte von den einzelnen Schadensfolgen regelmäßig keine Kenntnis erlangt zu haben; volle Übersehbarkeit von dessen Umfang und Höhe ist nicht erforderlich. Vielmehr genügt die allgemeine Kenntnis vom Eintritt des Schadens; wer diese erlangt hat, dem gelten grundsätzlich auch solche Schadensfolgen als bekannt, die im Zeitpunkt der Kenntniserlangung nur als möglich voraussehbar waren (BGH, WM 1978, 331 (332)). Das gilt aber nach fester Rechtsprechung dann nicht, wenn es sich um Schadensfolgen handelt, die zugleich mit der allgemeinen Kenntnis von dem Schaden noch nicht vorhersehbar waren (vgl. BGH, VersR 1957, 534 (535); LM § 779 BGB Nr. 25 = BB 1966, 140, 141; BGH, VersR 1968, 1163; NJW 1973, 702). Ein solcher Fall liegt hier vor. Dem Kl. war zwar die Nierenerkrankung seit August 1973 bekannt. Unbekannt war ihm aber - und das ist hier entscheidend -, ob die Nierenerkrankung mit dem Hundebiß und dessen Behandlung zusammenhing. Das Auftreten einer Glomerulonephritis nach einer Tetanusimpfung ist eine so seltene Komplikation, daß eine solche unerwartete Verletzungsfolge nicht als von der Kenntnis von der Bißwunde und deren Behandlung mit umfaßt angesehen werden kann. Eine ausreichend sichere Kenntnis von der Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Bißverletzung und der Nierenerkrankung hatte der Kl. nach der nicht angegriffenen Feststellung des BerGer. erst am 1. 12. 1974. Für die aus der Nierenerkrankung hergeleiteten Ersatzansprüche des Kl. gegen den Hundehalter lief deshalb erst von diesem Tage an die Verjährungsfrist des § 852 I BGB (BGH, NJW 1973, 702) und endete am 1. 12. 1977, weil sie weder rechtzeitig gehemmt noch unterbrochen wurde.
Da bereits mehr als ein Jahr vor Ablauf der Verjährungsfrist über das Armenrecht abschließend entschieden wurde, scheidet eine Hemmung der Verjährung nach § 203 II BGB hier aus. Die Einreichung der Teilklage am 29. 7. 1976 unterbrach, wie schon dargelegt wurde, die Verjährung nicht.
Die Verjährung wurde nach Auffassung des BerGer. auch nicht dadurch unterbrochen, daß der Bekl. zu 1 am 8. und 13. 6. 1977 Schriftsätze bei dem Prozeßgericht einreichte, die sich nach ihrem Inhalt als Klageschriften gegen den Hundehalter darstellten, und die dem Hundehalter später zugestellt wurden. Das BerGer. meint dazu, diese Schriftsätze seien nach Form und Inhalt nicht geeignet gewesen, den Ablauf der Verjährungsfrist zu unterbrechen, und verweist insoweit auf die Begründung des im Vorprozeß ergangenen Berufungsurteils. Dort ist indessen ausgeführt, daß die bezeichneten Schriftsätze den Anforderungen an eine Klageschrift genügten und deshalb inhaltlich geeignet waren, die Verjährung zu unterbrechen. Dieser Widerspruch nötigt indessen nicht dazu, das vorliegende Berufungsurteil aufzuheben. Die Auffassung des BerGer., daß die Verjährung nicht unterbrochen worden sei, erweist sich nämlich aus einem anderen Grunde als im Ergebnis richtig.
Nach § 209 I BGB wird die Verjährung nicht schon durch die Einreichung einer Klage, sondern erst durch deren Erhebung unterbrochen. Erhoben ist die Klage gem. § 253 I ZPO erst mit der Zustellung der Klageschrift an den Bekl. Die am 8. und 13. 6. 1977 eingereichten Schriftsätze sind zusammen mit der neuen Klageschrift vom 9. 3. 1979 dem Hundehalter zu Händen seines Prozessbevollmächtigten erst am 15. 3. 1979, also lange nach Ablauf der Verjährungsfrist, zugestellt worden. Soll durch die Zustellung die Verjährung unterbrochen werden, so tritt die Wirkung, sofern die Zustellung demnächst erfolgt, zwar bereits mit der Einreichung der Klageschrift bei Gericht ein (§ 270 III ZPO in der seit 1. 7. 1977 gültigen Fassung = § 261b III ZPO a. F.). Eine Rückbeziehung der Zustellungswirkung auf den Einreichungszeitpunkt ist jedoch im vorliegenden Falle nicht möglich, weil die Zustellung der am 8. und 13. 6. 1977 eingereichten Schriftsätze nicht „demnächst“ erfolgt ist. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn die Zustellung innerhalb einer den Umständen nach angemessenen Frist, ohne besondere von der Partei zu vertretende Verzögerungen erfolgt. Hier lag zwischen der Einreichung der beiden Schriftsätze und ihrer Zustellung ein Zeitraum von rund einem Jahr und neun Monaten. Ob eine so erheblich verzögerte Zustellung ausnahmsweise dann als noch „demnächst“ erfolgt angesehen werden könnte, wenn die Verzögerung ihre Ursache ausschließlich in der Sphäre des Gerichts hätte, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn hier hat ein Verschulden des Bekl. zu 1 mitgewirkt, das es ausschließt, die Verzögerung als für den Kläger unschädlich zu betrachten. Genügten die am 8. und 13. 6. 1977 eingereichten Schriftsätze den förmlichen Erfordernissen einer Klageschrift und hielten sich die angekündigten Anträge im Rahmen der Armenrechtsbewilligung, so war das Prozeßgericht freilich verpflichtet, diese Schriftsätze unverzüglich dem bekl. Hundehalter zuzustellen (vgl. § 271 I ZPO n. F.). Nachdem der Bekl. zu 1 jedoch durch die gerichtlichen Verfügungen vom 15. 6. und 10. 10. 1977 auf Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit der Schriftsätze sowie darauf hingewiesen worden war, daß das Prozeßgericht wegen dieser Bedenken eine Zustellung nicht veranlassen werde, war der Bekl. zu 1 als Prozessbevollmächtigter des Kl. verpflichtet, die von dem Gericht erbetene Klarstellung der Anträge vorzunehmen und so die Bedenken des Gerichts auszuräumen. Selbst wenn er diese Bedenken für rechtlich unbegründet hielt, war es seine anwaltliche Pflicht, im Interesse des Mandanten den sichersten Weg zu wählen und die dem Kl. aufgrund des Rechtsstandpunkts des Gerichts drohenden Nachteile abzuwenden. Diese Verpflichtung hat der Bekl. schuldhaft verletzt, indem er monatelang untätig blieb. Der vorliegende Fall unterscheidet sich damit von dem durch Senatsurteil vom 5. 11. 1987 (NJW 1988, 486) entschiedenen. Dort hatte der Anwalt nach anfänglichen Fehlern dem Gericht noch rechtzeitig den richtigen Sachverhalt unterbreitet und auf die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte hingewiesen; die unrichtige Gerichtsentscheidung hatte er deshalb nicht zu verantworten.
4. a) Aus diesen Ausführungen ergibt sich, daß dem Bekl. zu 1 eine schuldhafte Verletzung des Anwaltsvertrages insoweit vorzuwerfen ist, als trotz der Bewilligung des Armenrechts die Verjährungsfrist für die Schadensersatzansprüche abgelaufen ist, die der Kl. gegen den Hundehalter wegen der Nierenerkrankung geltend machte.
Aber auch soweit der Kl. Schadensersatzansprüche wegen der Bißverletzung als solcher geltend machte, mit deren Verjährung am 30. 7. 1976 gerechnet werden mußte, trifft den Bekl. zu 1 ein Schuldvorwurf. Unstreitig hat nämlich sein amtlich bestellter Vertreter, dessen Handlungen sich der Bekl. zu 1 gem. § 53 VII BRAO zurechnen lassen muß (vgl. Borgmann-Haug, Anwaltshaftung, 2. Aufl., § 12, 4), am 29. 7. 1976 das Mandat übernommen, für den Kl. eine Klage über den Teilbetrag von 200000 DM gegen den Hundehalter zu erheben, die bei ordnungsmäßiger Zustellung unter Berücksichtigung des § 261b III ZPO a. F. die drohende Verjährung unterbrochen hätte. Da der Bekl. zu 1 aus der Klageschrift ersehen konnte, daß der Gerichtskostenvorschuß bei Einreichung der Klage noch nicht eingezahlt war, und er obendrein durch die gerichtliche Verfügung vom 5. 8. 1976 auf Bedenken gegen die inhaltliche Ordnungsmäßigkeit der Klageschrift hingewiesen wurde, hätte er auch hier mit Rücksicht auf die drohende Verjährung die der Klagezustellung entgegenstehenden Hindernisse unverzüglich ausräumen müssen. Selbst wenn der Bekl. zu 2 auf seine Erinnerung hin den Gerichtskostenvorschuß nicht eingezahlt hätte, hätte der Bekl. zu 1 nach § 65 VI Nr. 4 GKG in der damals gültigen Fassung eine demnächstige Klagezustellung dadurch erwirken können, daß er glaubhaft machte, dem Kl. entstehe durch eine Verzögerung der Klagezustellung ein nicht zu ersetzender Schaden. Zu einer solchen Antragstellung war der Bekl. zu 1 aufgrund des ihm übertragenen Prozeßmandats verpflichtet.
b) Das BerGer. meint, den Eintritt der Verjährung habe auch der Bekl. zu 2 zu vertreten. Das gelte selbst dann, wenn man die Pflichtenkreise von Verkehrsanwalt und Prozessbevollmächtigtem getrennt betrachte und eine wechselseitige Zurechnung des Verschuldens gem. § 278 BGB nicht vornehme. Das dem Bekl. zu 2 erteilte Mandat sei mit der Bewilligung des Armenrechts für den Kl. und der Beiordnung des Bekl. zu 1 als Prozessbevollmächtigter nicht beendet gewesen. Wie sich aus seinem Schreiben vom 6. 6. 1977 an den Bekl. zu 1 ergebe, habe er sich als Verkehrsanwalt neben dem Bekl. zu 1 um den Prozeßablauf kümmern wollen. Der Bekl. zu 2 habe dementsprechend die am 13. 6. 1977 bei Gericht eingereichte Klageschrift verfaßt. Er hätte sich deshalb auch darum kümmern müssen, daß diese Klageschrift rechtzeitig zugestellt wurde. Das habe er pflichtwidrig unterlassen.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Kl. hatte allein den Bekl. zu 1 damit beauftragt, ihn in dem Klageverfahren gegen den Hundehalter vor dem Prozeßgericht zu vertreten. Der Bekl. zu 2, der beim Prozeßgericht als Rechtsanwalt nicht zugelassen war, konnte dieses Mandat nicht übernehmen. Ihm oblagen insoweit lediglich die Pflichten eines Verkehrsanwalts. Das BerGer. geht zutreffend davon aus, daß die Pflichtenkreise des Prozessbevollmächtigten und des Verkehrsanwalts unterschieden werden müssen. Es handelt sich um rechtlich selbständige Mandate mit unterschiedlichen Pflichten. Keiner der beiden Anwälte ist in seinem Pflichtenkreis als Erfüllungsgehilfe des anderen i. S. des § 278 BGB tätig (vgl. Borgmann-Haug, § 37, 4). Die Pflicht zu ordnungsmäßigem prozessualem, Handeln gegenüber dem Prozeßgericht obliegt dem Prozessbevollmächtigten, nicht dem Verkehrsanwalt. Nach der Übernahme des Prozeßmandats durch den Prozessbevollmächtigten trifft den Verkehrsanwalt auch grundsätzlich keine Verpflichtung, den Prozessbevollmächtigten bei seiner Tätigkeit zu überwachen (vgl. Seltmann, VersR 1974, 102). Nur dann, wenn sich dem Verkehrsanwalt aufgrund besonderer Umstände aufdrängen muß, daß der Prozessbevollmächtigte ihm obliegende Pflichten nicht erfüllt, muß der Verkehrsanwalt im Rahmen seiner dem Mandanten gegenüber bestehenden Beratungspflicht diesen darauf hinweisen und auf Abhilfe dringen.
Diesen Grundsätzen wird das BerGer. nicht gerecht. Aus dem Schreiben des Bekl. zu 2 vom 6. 6. 1977 ergibt sich lediglich, daß er neben dem Bekl. zu 1 als Verkehrsanwalt tätig bleiben wollte. Daraus ist nicht zu entnehmen, daß er weitergehende Pflichten übernehmen wollte als die, die einen Verkehrsanwalt auch sonst treffen. Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht deshalb, weil der Bekl. zu 2 den vom Bekl. zu 1 am 13. 6. 1977 eingereichten Schriftsatz entworfen hat; der Entwurf eines Schriftsatzes durch den Verkehrsanwalt beschränkt weder die Verantwortlichkeit des Prozessbevollmächtigten für den Inhalt des Schriftsatzes, noch erweitert sie den Verantwortungsbereich des Verkehrsanwalts in bezug auf das prozessuale Handeln gegenüber dem Prozeßgericht. Demgemäß war es ausschließlich die anwaltliche Pflicht des Bekl. zu 1, den Bedenken des Prozeßgerichts gegen die am 8. und 13. 6. 1977 eingereichten Schriftsätze Rechnung zu tragen. Der Bekl. zu 2 hatte dabei nur dann mitzuwirken, wenn dazu Informationen zwischen dem Kläger und dem Bekl. zu 1 zu vermitteln waren; das aber stellt das BerGer. nicht fest. Es fehlt weiterhin auch eine Feststellung von Umständen, aus denen der Bekl. zu 2 vor Ablauf der Verjährungsfrist hätte entnehmen müssen, daß der Bekl. zu 1 seiner Verpflichtung zu ordnungsmäßiger Prozeßführung nicht genügte. Mit der vom BerGer. gegebenen Begründung kann daher eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bekl. zu 2 nicht bejahte werden.
Eine Haftung des Bekl. zu 2 wegen schuldhafter Verletzung von Anwaltspflichten ist jedoch aus einem anderen Grunde gerechtfertigt. Wie schon erwähnt wurde, hatte der Kl. den Bekl. zu 2 auf dessen Anraten am 8. 7. 1976 damit beauftragt, eine Klage über den Teilbetrag von 200000 DM zu veranlassen, und ihm den dazu erforderlichen Gerichtskostenvorschuß ausgehändigt; der Bekl. zu 2 hat demgemäß auch den amtlich bestellten Vertreter des Bekl. zu 1 dazu bewogen, die Teilbetragsklage am 29. 7. 1976 bei dem Prozeßgericht einzureichen. Wäre diese Klage „demnächst“ dem bekl. Hundehalter zugestellt worden, wäre gem. § 209 I BGB die Verjährung aller von dem Kl. gegen den bekl. Hundehalter geltend gemachten Ersatzansprüche bis zur Höhe von 200000 DM unterbrochen worden. Die Klageschrift genügte den Mindestanforderungen des § 253 II ZPO. Sie bezeichnete die Parteien und das Prozeßgericht, enthielt einen bestimmten Antrag und gab den Sachverhalt an, aus dem der Kl. seine Schadensersatzansprüche gegen den bekl. Hundehalter herleitete. Allerdings war in der Klageschrift selbst nicht angegeben, wie sich der Teilbetrag von 200000 DM zusammensetzen sollte. Es war lediglich die Reihenfolge bezeichnet, in der der Kl. seine Einzelansprüche gegen den Hundehalter (Verdienstausfall, Rentenminderung, Schmerzensgeldkapital, Kosten einer Hilfskraft und Schmerzensgeldrente zur Begründung des Klagebetrages heranziehen wollte; die Höhe dieser Einzelansprüche und ihre Berechnung ergab sich dagegen nicht aus der Klageschrift selbst, vielmehr war insoweit unzulässigerweise auf den Vortrag des nicht beim Prozeßgericht zugelassenen Bekl. zu 2 im Armenrechtsprüfungsverfahren Bezug genommen. Dieser Mangel machte die Klage jedoch nicht wirkungslos und damit zur Unterbrechung der Verjährung ungeeignet. Wird bei einer Teilklage mit der Teilbeträge von selbständigen Einzelforderungen geltend gemacht werden, der Klageantrag nicht auf die Einzelforderungen aufgegliedert, so werden mit Zustellung der Klageschrift alle Einzelansprüche bis zur Höhe der Klagesumme mit der Folge der Unterbrechung der Verjährung rechtshängig; die notwendige Aufgliederung kann dann noch im Laufe des Rechtsstreits nachgeholt werden (BGH, NJW 1959, 1819). Auch das Fehlen einer Bezifferung und damit einer ausreichenden Substantiierung der Einzelforderungen in der Klageschrift macht in einem solchen Fall die Klage nicht wirkungslos, sofern der Mangel im Laufe des Rechtsstreits behoben wird (BGH, NJW 1967, 2210 ff.). Das Prozeßgericht wäre demgemäß verpflichtet gewesen, die Klageschrift dem Hundehalter unverzüglich zuzustellen, wenn der Bekl. zu 2, wie dies in der Klageschrift angekündigt war, den erforderlichen Gerichtskostenvorschuß alsbald eingezahlt hätte. Zur Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses aber war der Bekl. zu 2 verpflichtet, nachdem er den entsprechenden Geldbetrag vom Kl. zu diesem Zweck gefordert und erhalten hatte. Indem der Bekl. zu 2 das Geld nicht an das Gericht weiterleitete, verletzte er mithin seine anwaltlichen Pflichten aus dem Vertragsverhältnis zu dem Kl. Diese Pflichtverletzung ist mitursächlich dafür, daß die in der Klageschrift bezeichneten Einzelforderungen des Kl. gegen den Hundehalter in einer Höhe bis zu 200000 DM verjährt sind. Für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung des Bekl. zu 2 und der eingetretenen Verjährung ist davon auszugehen, daß das Prozeßgericht bei Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses ungeachtet seiner Bedenken gegen den Inhalt der Klageschrift unverzüglich die Zustellung an den bekl. Hundehalter veranlaßt hätte. Maßgebend für den Ursachenzusammenhang ist nämlich nicht, wie das Prozeßgericht sich voraussichtlich verhalten hätte, sondern wie es nach Auffassung des mit dem Anwaltshaftungsprozeß befaßten Gerichts richtig hätte entscheiden müssen. Wäre die Klage danach ordnungsmäßig erhoben und die Verjährung in dem oben bezeichneten Rahmen unterbrochen worden, wäre die Klage gegen den Hundehalter bei pflichtgemäßem Vorgehen des Bekl. zu 1 nicht wegen Verjährung gescheitert, soweit die Einzelforderungen des Kl. 200000 DM nicht überstiegen. In diesem Umfang hat mithin auch der Bekl. zu 2 einen Schaden des Klägers zu verterten, der durch die Verjährung der Ersatzansprüche gegen den Hundehalter entstanden ist.
5. Zutreffend nimmt das BerGer. weiter an, daß dem Kl. durch den von den Bekl. verschuldeten Eintritt der Verjährung ein Schaden nur dann entstanden ist, wenn und soweit dem Kl. Schadensersatzansprüche gegen den Hundehalter zustanden.
Das BerGer. bejaht dem Grunde nach eine Haftung des Hundehalters aus § 833 S. 1 BGB. Danach ist ein Tierhalter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn durch das Tier der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt wird. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.
Nach § 833 S. 2 BGB tritt die Ersatzpflicht allerdings nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Berufe, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalte des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Dazu führt das BerGer. aus, dieser Entlastungsbeweis sei nicht geführt. Der Tierhalter habe den bissigen Schäferhund auf seinem zwar außerhalb der allgemeinen Bebauung, aber doch allgemein zugänglichen Grundstück frei herumlaufen lassen. Schon das allein habe eine erhebliche Gefährdung aller Besucher bedeutet, mit deren Erscheinen er als Gärtner habe rechnen müssen und, wie die gesamte Ausgestaltung des Eingangsbereichs zur Gärtnerei zeige, auch gerechnet habe. Dieser Gefahr hätte der Hundehalter nur dadurch begegnen können, daß er den Hund fest angekettet hätte; außerdem hätte er das Grundstück mit einem festen Zaun und einem sicher verschlossenen Tor umgeben müssen. Dann hätte ein Besucher entweder das Grundstück gefahrlos betreten können oder wäre durch den Anblick des Hundes vom Betreten von vornherein abgehalten worden. Solche Vorkehrungen des Hundehalters seien nicht dargetan. Zwar behaupte der Bekl. zu 2, der Hundehalter habe ein Schild mit der Aufschrift „Vorsicht, bissiger Hund“ angebracht. Damit allein lasse sich aber ein Entlastungsbeweis nicht führen. Ein solches Schild wirke nicht auf jeden Besucher hinreichend abschreckend. Auch die sonstigen in der Berufungserwiderung des Bekl. zu 2 geschilderten Vorkehrungen stellten keine hinreichende Sicherung der Besucher des Grundstücks dar. Überdies bestünden erhebliche Zweifel, ob die insoweit für den Zustand des Grundstücks benannten Zeugen überhaupt geeignete Beweismittel seien; es widerspreche jeder Lebenserfahrung, daß diese Zeugen sich nach etwa zwölfeinhalb Jahren noch genau daran erinnern könnten, wie der Zustand des Grundstücks gerade am 30. 7. 1973 gewesen sei.
Diese Ausführungen halten zwar nicht in allen Punkten, wohl aber im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
Verfahrensfehlerhaft sind die Erwägungen, aufgrund derer das BerGer. die für den Zustand des Gärtnereigrundstücks benannten Zeugen als ungeeignete Beweismittel ansieht. Ob die Zeugen nach vielen Jahren noch eine hinreichend genaue Erinnerung an den Zustand des Grundstücks am 30. 7. 1973 haben, läßt sich erst nach ihrer Vernehmung zuverlässig beantworten. Die Erwägungen des BerGer. stellen eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar. Auf diesem Verfahrensfehler beruht indessen das Berufungsurteil nicht. Es handelt sich um eine Hilfsbegründung des BerGer., die nur dann erheblich ist, wenn die Hauptbegründung nicht trägt. Die Hauptbegründung hält indessen den Revisionsangriffen stand, wenngleich auch hier Bedenken gegen einige Punkte bestehen.
Unbegründet ist die gegen die Hauptbegründung gerichtete Verfahrensrüge, das BerGer. habe erheblichen Tatsachenvortrag der Bekl. zu den Sicherungsvorkehrungen des Hundehalters übergangen. (Wird ausgeführt.)
6. Das BerGer. hat unter Anwendung des § 287 ZPO die Überzeugung gewonnen, daß die Bißverletzung und die deshalb medizinisch angezeigten Impfungen gegen Wundstarrkrampf ursächlich für die Nierenerkrankung des Kl. waren. (Wird ausgeführt.)
... Die gegen diese Würdigung erhobenen Verfahrensrügen beider Revisionen greifen nicht durch. (Wird ausgeführt.)
... 9. Das BerGer. führt schließlich noch aus, daß die Verjährungseinrede der Bekl. nicht durchgreife. Das wird von der Revision nicht angegriffen und hält der rechtlichen Nachprüfung auch dann stand, wenn berücksichtigt wird, daß der Senat für einen Teil der Ansprüche des Kl. gegen den Hundehalter von einem anderen Verjährungszeitpunkt ausgeht als das Berufungsgericht.

 



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